Wenn es um die kreative und persönliche Reise der aus Hongkong stammenden Künstlerin geht, kann man mit Fug und Recht behaupten, dass der Name Programm ist. Denn Moitao ist das Amalgam des französischen „moi“ und ihres chinesischen Spitznamens Atao. Und so ist es keine Überraschung, dass die Entstehung dieses Künstlernamens mit ihrer Entdeckung der westlichen Welt und des kreativen Ausdrückens durch die Neuen Medien zusammenfällt.
Eine globale Selbstfindung
Schon seit ihrer Kindheit, also lange vor ihrer prägenden Europareise, hat Moitao – mit bürgerlichem Namen Sze Ming Wong – das Zeichnen für sich entdeckt. Das setzte sich logisch in ihre Jugend fort, in der sie sich mit traditionellen Kunsthandwerken beschäftigte. Während ihres Kunststudiums an der City University of Hongkong kam sie schließlich mit den Neuen Medien in Berührung, die später ein bevorzugtes Ausdrucksmittel werden sollten.
2007 schließlich führte ein Französischkurs Moitao nach Europa. Dieses Erleben einer Kultur, die sich so grundsätzlich von ihrer Heimat unterscheidet, war so einschneidend, dass sie 2008 gleich noch einmal ins Abendland aufbrach. In dieser Zeit ist Moitao nicht nur zu einer unabhängigen Frau gereift, sondern hielt ihre Eindrücke auch in Zeichnungen fest, die sich zum Zyklus „Innere Reise“ formen sollten. Nach zwei Jahren in England kehrte Moitao nach Hongkong zurück, wo sie eine Tätigkeit als Kunstlehrerin aufnahm. Die Liebe führte sie schließlich 2013 nach Deutschland, von wo sie aktiv als Künstlerin tätig ist und mit ihrem Mann eine Homepage inklusive Blog namens kunst-in-bildern.de aufgebaut hat.
Vielfalt zwischen traditionell und modern
Moitaos Kunst ist deshalb so faszinierend, weil sie aus verschiedenen Welten stammt. Zwar ist die Künstlerin von den Möglichkeiten der Neuen Medien begeistert, jedoch bemerkt sie dazu, dass sie sich mit diesem Medium noch nicht so ausdrücken kann, wie sie möchte. Außerdem war 2007 die Technologie noch nicht soweit, während ihres Europa-Aufenthalts unmittelbar ihre Eindrücke zu kanalisieren. Und so ist ihr Zyklus „Innere Reise“ mit Acryl, Buntstiften, Kugelschreiber und anderen herkömmlichen Werkzeugen gefertigt. Trotz ihrer abstrakten Natur bestechen die Werke durch Detailverliebtheit und komplexen Perspektiven. Diese beiden Facetten setzen sich in der Kollektion „Fliege“ fort, welche von einer App zum Thema Fliegenfischen inspiriert wurde und ebenfalls auf digitale Elemente verzichtet.
Am anderen Ende des Spektrums steht schließlich „Digital Diamonds“, ein digital erstelltes Bilderset, in dem Tierportraits durch die Nutzung von Polygonen verfremdet werden und so irgendwo zwischen Kubismus und Origami existieren. „Dicke Frau“ wiederum stellt in verschiedenen Studien die Widrigkeiten nach, denen übergewichtige Menschen im Alltag begegnen. Dieses dem täglichen Leben entsprungene Thema wird durch eine Nähe zum Expressionismus kontrastiert, die nach Angaben von Moitao unter Anderem von den Werken Egon Schieles inspiriert wurde. Diese Reihe setzt sich zu einer sehr persönlichen Biographie der Künstlerin zusammen, in der Themen wie Scham und Frustration durch spezifische Situationen verbildlicht werden, die von Moitao als „Statements“ bezeichnet werden.
Die künstlerischen Reflexionen von Moitao sind jedoch nicht nur im Medium Bild isoliert. So wird zum Beispiel auf ihrem Blog das aktuelle Thema „Selfie“ hinterfragt – inklusive an den „Dicke Frau“-Zyklus angelehnte Zeichnung. Darüber hinaus ist die Künstlerin auch auf einer Vielzahl von Social-Media-Plattformen aktiv, wo sie ihre Werke auf unterschiedlichste Weise den Besuchern vorstellt.